Digitalisierung und die Rolle von ERP

Digitalisierung und die Rolle von ERP


Volker Schinkel, Geschäftsführer bei der Modula Gesellschaft für digitale Transformation mbH, im Interview.


Was sind die größten Vorteile der Digitalisierung, wenn man die Infrastruktur möglichst vollständig auf einer Plattform integrieren kann?


Wir von Modula sehen Geschwindigkeit als den größten Vorteil der Digitalisierung. Egal, ob es um die schnelle, übergreifende Kommunikation, die Verfügbarkeit jeglicher Informationen, kurze Reaktionszeiten auf neue Kundenanforderungen und Marktveränderungen bis hin zur Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle geht – Geschwindigkeit und Anpassbarkeit sind entscheidende Erfolgsfaktoren.


Plattform-ERP-Lösungen wie die „Modula Business Plattform“ beseitigen technische Konflikte historisch gewachsener IT-Landschaften. Sie machen umfangreiche Standardlösungen verfügbar, schaffen Zugang zu modernster Technologie und laufen auf aktuellster Infrastruktur und Architektur. Darüber hinaus verfügt ein Plattform-ERP über eine offene und universelle Integration zu weiteren Softwarekomponenten.


Insbesondere im Mittelstand sind jedoch aus Fachbereichen leider jahrelange Wartezeiten zu Erweiterungen und zum Ausbau der vorhandenen IT-Landschaft nicht unüblich.


Eine Business-Plattform sollte dagegen:


-         offene Technologien wie z.B. Angular, TypeScript, HTML5 und JAVA nutzen

-         offene Integrationen mittels REST API Framework und Webservices erlauben

-         die Einbindung aller Datenquellen, wie relationale Datenbanken, NoSQL Datenbanken und unstrukturierte Daten, ermöglichen

-         ein einheitliche und mobil nutzbare Oberfläche haben - auch zur Einbindung von Fremdsoftware

-         schnell und mittels LowCode-Ansätzen unkompliziert anpassbar sein


… und somit den dynamischen Änderungsprozess in Markt und Unternehmensumfeld in jeglicher Hinsicht unterstützen. Die Auflösung klassischer Systemgrenzen in tradierten Software-Kategorien macht somit Innovation im Unternehmen zum erforderlichen Zeitpunkt nutzbar.


Wie wichtig ist das perfekte Zusammenspiel von IT-Strategie mit den verschiedenen Digitalisierungsvorhaben in Unternehmen?


Die IT-Strategie im Mittelstand muss Anpassungen des Unternehmens an geänderte Rahmenbedingungen, dynamische Erweiterung funktionaler Nutzung sowie das Einbeziehen neuer Technologien vollständig unterstützen, damit die Entwicklung des Unternehmens nicht durch lange Setup-Zeiten und/oder hohe Kosten negativ beeinflusst wird.


Denken wir in dem Zusammenhang einmal ganz praktisch an ein anstehendes Rollout der bestehenden Lösung auf neu hinzugekaufte Unternehmensteile, die Implementierung einer neuen Profitcenter-Struktur oder auch die Implementierung eines komplett neuen Webportals für die eigenen Geschäftspartner.


Basierend auf der Modula Business Plattform können wir alle diese Teilprojekte ohne größere Vorbereitung und Setup mit unseren Kunden realisieren. Diese Fähigkeit erstreckt sich dabei von der dynamischen Bereitstellung von Rechenleistung und Speicherkapazität über ein sehr breites Angebot an Business-Modulen mit universellem Integrationsframework und Business Process Management (BPM) bis hin zur umfassenden Expertise in Zukunftstechnologien wie z.B. der KI.


Darüber hinaus sollte die IT-Strategie im Mittelstand anstreben, sich weniger mit den strukturellen Erfordernissen von IT beschäftigen zu müssen, sondern vielmehr mit deren effektiven Nutzen in Geschäftsprozessen und digitalen Angeboten. Dies unterstützen wir bei Modula durch den Einsatz modernster Ansätze wie z.B. DEVOPS und Rolling Release, um höchste Verfügbarkeit bei geringstem Wartungs- und Update-Aufwand für mittelständische Unternehmen zu ermöglichen.


Fazit: Die IT-Strategie kann nur mittels einer offenen und flexiblen Plattformlösung die Digitalisierungsvorhaben in der erforderlichen Geschwindigkeit und Dynamik vorantreiben, die Kunden und Märkte – heute mehr als je zuvor – erfordern.


Wie lässt sich eine elegante „Brücke“ zwischen Konstruktion/Entwicklung und Fertigung in Digitalisierungsprojekten erreichen?


Das Zusammenspiel zwischen Konstruktion/Entwicklung und Fertigung wird seit Jahren optimiert, dies lässt sich im Vorhandensein vielfältiger CAD-Schnittstellen zu ERP-Systemen erkennen. Allerdings sind die weitläufigen prozessbezogenen Herausforderungen wie z.B. im PLM Kontext die frühzeitige Bestellung von Langläufern über den zentralen Einkauf oder die Parallelität von Konstruktion und Fertigung, sog. „wachsende Stücklisten“ häufig weniger digitalisiert.


Unser Ansatz der Digitalisierung umfasst insbesondere auch in der Branche Maschinen- und Anlagenbau diese Anforderungen und bezieht automatisch auch die integrierte CAQ-Lösung für die Erstellung von QS-Plänen mit ein. So können die Unternehmensprozesse vernetzt und konsequent digital ablaufen – auch über die in der Branche üblichen Konstruktionsänderungen hinweg.


Darüber hinaus ist uns bei Modula der Einsatz von KI-Technologien im Spannungsfeld Konstruktion/Entwicklung und Fertigung besonders wichtig. Mittels KI gelingt uns ein entscheidender Vorsprung bezogen auf automatisierte Vergleiche von Stamm- und Bewegungsdaten.


Der „Modula Cognitive Data Scientist“ liefert wissensbasierte und automatisierte Vergleiche von Fertigungs-Ist-Daten zu Stücklisten-Plandaten. Diese Ergebnisse zeigen in vielfältiger Weise Optimierungspotentiale für mittelständische Unternehmen auf: Aktualität, Korrektheit von Plandaten, Verhältnismäßigkeiten und Anomalien von Materialeinsatz in bestimmten Teilegruppen bis hin zur Erkennung von Dubletten in Artikelstammdaten mittels semantischer Analyse.


Dies alles ermöglicht eine permanente Pflege, der über die Jahre des ERP-Betriebs im Mittelstand immer umfassender werdenden Artikel- und Stücklisten-Stammdaten. Auch beeinflusst es nachhaltig die Qualität und Aussagekraft von essenziellen Prozessen wie z.B. der Vorkalkulation und Fertigungsplanung bis hin zur Ein- und Auslaufsteuerung.


Welche Vorteile ergeben sich daraus für Anwenderunternehmen?


Mittels der genannten Ansätze und Technologien ergibt sich eine Vielzahl von Vorteilen für die Anwenderunternehmen. Sie schließen „digitale Lücken“, eliminieren Fehlerquellen und ganz wesentliche Informationsverluste.


Darüber hinaus wird die mitunter langsam voranschreitende Digitalisierung im produzierenden Mittelstand durch unsere vorgefertigten Branchen-Lösungen sowie die digitalen KI-CoWorker deutlich beschleunigt.


Wie lassen sich Lösungsbereiche wie ERP und MES optimal verbinden und welche Rolle spielt dabei die zentrale Datenhaltung?


Das Grundprinzip von Modula ist das Angebot mittelstandsgerechter Lösungen vom Shopfloor über die Fertigungsleitebene bis hin zur Unternehmensleitebene im Sinne der Automatisierungspyramide. So verwundert es nicht, dass in der „Modula Business Plattform“ ERP und MES by Design im Standard enthalten und fest miteinander vernetzt sind. Dies erklärt sich sehr anschaulich über unsere Branchenpakete. So werden z.B. in unserer Automotive-Lösung für die mittelständischen Unternehmen mit Serienfertigungsprozessen in Metall-, Kunststoffverarbeitung oder Elektronikkomponenten durchgängig MES-Lösungen mit Maschinendatenintegration, Fertigungsleiständen, Shopfloor-Komponenten mit mobilen KANBAN-Lösungen, etc. benötigt. Die „Modula Business Plattform“ vernetzt ERP und MES über eine gemeinsame Oberfläche und Prozessbasis, jedoch haben beide Domänen spezifische Datenhaltungsanforderungen, die jeweils spezialisiert abgedeckt werden. Als Beispiel lassen sich hierfür KI-Funktionalitäten nennen, die jenseits der klassischen relationalen Datenbanken unstrukturierte Daten und NoSQL-Datenbanken verwenden. Auch diese werden auf unserer Datenschicht spezialisiert gehalten, jedoch zentral verwaltet.


Wie können KI-Techniken im Zuge von Digitalisierungsprojekten Vorteile für Anwenderunternehmen bringen?


Wir betten Künstliche Intelligenz integriert in die „Modula Business Plattform“ ein. Das beginnt mit der KI-spezifischen Datenschicht und Wissensmodell-Generierung, setzt sich mittels Vernetzung zu unseren klassischen Business-Applikationen wie ERP, CRM, MES und CAQ mittels BPM fort und endet mit der Einbettung von KI-Frontendfeatures in unsere einheitliche Modula-Nucleus-Oberfläche.


Künstliche Intelligenz ist primär nicht intelligent, sondern wissend. Sie kann in enorm hoher Geschwindigkeit Wissen verarbeiten und ohne äußere Einflüsse auf riesige Datenmengen anwenden. Damit können KI-Techniken all jene Prozesse abdecken, die auf selbstlernenden Ähnlichkeitsprinzipien beruhen und mit klassischen, deterministischen Programmierungen nicht mehr abgedeckt werden können.


Als praktisches Beispiel können wir eine KI-Anwendung nennen, die täglich mehrere tausend eingehende, handschriftlich ausgefüllte Bestell-Faxe einliest, diese automatisch unterschiedlichen Formulartypen zuordnet, Artefakte entfernt und handschriftlich ausgefüllte Text, Zahlen und Checkboxen extrahiert, bei der Verarbeitung auf Merkmale plausibilisiert und mittels BPM eine automatisierte Auftragsanlage in unserem ERP vornimmt.


Nach der Implementierung der KI-Lösung ergeben sich eine Reihe von quantitativen Nutzeneffekten in Bezug auf Kosten und Produktivität. Darüber hinaus konnten durch die Sicherung des spezifischen Unternehmenswissens auch eine Vielzahl von qualitativen Nutzeneffekten erzielt. Hier möchte ich das Entgegenwirken von Fachkräftemangel, die Reduktion von Ablaufkomplexität sowie die Schaffung von Transparenz im gesamten Geschäftsprozess hervorheben.


Wo sehen Sie hier das größte Potenzial an Optimierung?


Wir sehen das größte Potential in KI-Technologien in den Ebenen „Wissensspeicherung und Automatisierung“ sowie „Erkenntnis und Wissensgewinn“.


Als Wissensspeicher tragen KI-Technologien wesentlich zur nachhaltigen Entwicklung des Unternehmenswerts bei. Ihre Fähigkeit funktional aus den unterschiedlichsten Anwendungen einbezogen werden zu können und universell zur Geschäftsprozessautomatisierung nutzbar zu sein, beeinflusst nachvollziehbar das operative Ergebnis von Unternehmen. Überall dort, wo qualifizierte Mitarbeiter mit umfangreichen, repetitiven Aufgaben belastet sind, können enorme Kapazitäten frei gemacht werden.


Darüber hinaus leisten KI-Technologien auf der Ebene „Erkenntnis und Wissensgewinn“ einen wertvollen Unternehmensbeitrag in der unkonventionellen Darstellung von Korrelationen in Geschäftsdaten, sprich beim Feature Extraction/Clustering. Hierbei können interessante, wegweisende neue Einblicke in Prinzipien und Zusammenhänge gewonnen werden. Diese lassen sich in neue digitale Geschäftsmodelle ableiten und verwenden, z.B. auf das Maschinen- und Prozessdaten basierende Ersatzteilgeschäft.


Inwieweit sollten Unternehmen die Automatisierung ihrer Abläufe in Digitalisierungsprojekten angehen?


Digitalisierung und Automatisierung machen Unternehmen erfolgreich. Der Erfolg erstreckt sich über bessere Kundenbeziehungen und Services, eine höhere Produktivität im Unternehmen, verbesserte Reaktionsgeschwindigkeiten und Durchlaufzeiten von Geschäftsprozessen bis hin zur Entwicklung gänzlich neuer, digitaler Geschäftsmodelle.


Für Modula ist die Digitalisierung daher eine Grundvoraussetzung für Unternehmenserfolg. Dennoch finden sich gerade im Mittelstand häufig eine Vielzahl von offenen Digitalisierungsprojekten, von denen nicht wenige „überfällig“ sind. Dieser „Innovationsstau“ wird deutlich, wenn man sich vorstellt, wie viele mittelständische Unternehmen im Jahr 2020 noch mit „Zettel und Stift“ im Lager arbeiten.


Die Schwierigkeit in der Digitalisierung liegt daher häufig bereits in der Bildung einer sinnvollen Reihenfolge von Projekten bzw. Teilprojekten, zumal diese häufig noch von der Schaffung technischer Voraussetzungen und Lösung infrastruktureller Defizite abhängig sind. Die „Modula Business Plattform“ entledigt den Mittelstand von infrastrukturellen Defiziten und schafft alle Voraussetzungen für die Integration digitaler Technologien in die Geschäftsprozesse mittelständischer Unternehmen bis hin zur Nutzung Künstlicher Intelligenz.


Der Blickwinkel, welche Digitalisierungsprojekte in welcher Abfolge vorgenommen werden sollten, verändert sich unter diesen Voraussetzungen und wird deutlich klarer. Hier setzen wir als Digitalisierungsexperten an und beleuchten gemeinsam mit unseren Kunden die wirtschaftlichen Effekte der Digitalisierungsprojekte einerseits und die Schaffung der organisatorischen Rahmenbedingungen andererseits.


Mit voranschreitender Digitalisierung bildet sich ein breites Fundament zur Automatisierung von Geschäftsprozessen. Dieses Potential sollte der Mittelstand unbedingt heben. Vollautomatisierung von Geschäftsprozessen erfordert klare Festlegungen und Metriken. Da diese jedoch insbesondere bei neu digitalisierten Geschäftsprozessen nicht immer ganz klar definiert sind, lohnt sich die Strukturierung mithilfe eines Business-Process-Managements sowie die intensive Nutzung von Workflows zur Unterstützung von manuellen Entscheidungsinteraktionen.


Mit der daraufhin entstehenden Erfahrung, mit dem digitalisierten Prozess und dessen Ausprägungen, empfehlen wir die manuelle Kontrolle und Interaktion, um so den Automatisierungsgrad durch Programmlogiken schrittweise weiter zu erhöhen.


Können Sie dazu Beispiele nennen?


Als griffiges Beispiel möchten wir die Auftragsbearbeitung von mobilen Servicetechnikern mittels unserer on- und offlinefähigen integrierten Servicetechniker-App nennen. Die Lösung ist im Standard verfügbar, kann aber hinsichtlich der Digitalisierung und Automatisierung schrittweise und mehrstufig implementiert werden.


Viele unserer Kunden haben zunächst einmal den Anspruch, ihre Servicetechniker mit mobilen Aufträgen zu versorgen und den Informationsrückfluss vom Einsatzort des Technikers mit Bezug auf den Auftrag digital abzubilden.


Dies eliminiert unmittelbar den Bedarf zum Versand von Serviceeinsatzberichten, Spesen und Fotoaufnahmen auf separatem Wege. Die weitergehende Verarbeitung der Daten hinsichtlich Auswertung und Abrechnung kann ebenfalls nahtlos erfolgen.


Die Digitalisierung von Geräteakten aus dem ERP erfolgt jedoch häufig erst in einem zweiten Schritt, da insbesondere die Digitalisierung von alten Maschinen/Anlagenakten auf Papierbasis zuvor in einem separaten Teilprojekt vorgenommen werden muss. Sobald diese Daten ebenfalls digital vorhanden sind, können sie in den bereits digitalisierten Geschäftsprozess eingebunden werden, um die einzelnen Servicetechnikeraktivitäten bis hin zum Austausch von Komponenten mit Seriennummernpflicht differenziert über die Geräteakten zu buchen.


In der Praxis werden die seitens des Servicetechnikers erfassten Daten wahrscheinlich nicht direkt im ersten Schritt zur automatischen Abrechnung gegenüber dem Kunden oder zur automatisierten Erstattung seiner Spesen im ersten Digitalisierungsprozess verwendet. Beide Automatisierungen erfordern ein hohes Maß an Sicherheit und werden daher häufig erst nach dem Durchlaufen einer längeren Phase der manuell unterstützten Prüfung auf eine automatisierte, digitale Abrechnung umgestellt.


Zur Seite
Share by: